Samstag, 27. März 2010

ein plädoyer für EMPATHIE

mitglied des naxi-orchesters, lijiang/china
copyright© karin luger, dezember 2007
"urteile nie über einen anderen, bevor du nicht einen mond lang in seinen mokassins gegangen bist" 
 (indianische redensart)  





meine schwester susanne, dialysepatientin, leidet infolge einer unverträglichkeit eines kontrastmittels (verwendet für magnetresonanzuntersuchungen) an schweren kontrakturen der hände, arme, füße und beine. sie kann ihre knie nicht mehr abbiegen, kann keine normalen schuhe mehr anziehen, nicht mehr ohne rollator gehen ... ein bruchteil ihres mehr als beschwerlichen lebens.
diese meine schwester hat schon oft gesagt, dass menschen anders denken und fühlen würden, wenn sie nur ein paar stunden so lebten, wie sie es tagtäglich tut.

nun, wir können nicht so einfach in den körper eines anderen menschen schlüpfen, aber wir sind sehr wohl in der lage, manches zu versuchen, auszuprobieren. z.b. mit geschlossenen augen spazieren zu gehen (natürlich in begleitung eines sehenden!), oder wie im falle meiner schwester einfach mal die erfahrung zu machen, wie das ist, eine hose mit gestreckten beinen anzuziehen, mit gestreckten beinen vom bett aufzustehen ...

wäre unser leben nicht unendlich bereichert, wenn wir da und dort ein wenig über den tellerrand hinausblickten? wenn wir nur für kurze momente in die mokassins des anderen schlüpften?

ich habe mir die worte meiner schwester zu herzen genommen und mein leben ist seither bunter, fröhlicher und lebendiger!
und noch etwas wunderbares ist passiert:                                                                     
mir ist aufgefallen, ...
dass ich immer weniger urteile und immer mehr mitfühle. 
dass ich immer weniger ratschläge erteile und immer mehr fragen stelle. 
dass ich daher auch immer weniger interpretiere, meine schlüsse daraus ziehe und menschen kategorisiere, bevor ich sie überhaupt erst kennen gelernt habe.       
all dies wende ich in gleichem maße auch für mich an! wie sehr habe ich mich in früheren jahren beurteilt, verurteilt und habe mir grenzen gesetzt. 

heute gebe ich mir empathie, wenn ich spüre, dass mich eine aussage, eine verhaltensweise emotional in wallung bringt. welche gefühle tauchen auf? was ist die ursache für meine überreaktion? ich nehme mir zeit für mich, beobachte mich und bin dankbar für alles, was sich zeigt. und was immer es auch ist, es ist weder gut noch schlecht! 
ich habe lebensqualität gewonnen, bin zufrieden und freue mich über jeden neuen tag.                                                


wann immer wir beginnen, von einer reagierenden, oberflächlichen verhaltensweise abstand zu nehmen ...
wann immer wir erkennen, dass wir nur allzu oft beschäftigt sind, das von uns geschaffene (und von uns als vorteilhaft bewertete) image zu pflegen, zu verteidigen ...
wann immer auch wir unterscheiden lernen zwischen beobachten und bewerten ...
beginnt sich das empathische fenster zu öffnen!

das fenster, durch welches das herz blickt, durch welches die liebe schaut!











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