Dienstag, 10. Juli 2012

RUHE vor dem STURM...

langbadsee, oberösterreich, sommer 2010
copyright © karin luger


die nacht, vom wachsenden sturme bewegt,
wie wird sie auf einmal weit,
als bliebe sie sonst zusammengelegt
in die kleinlichen falten der zeit.
wo die sterne ihr wehren, dort endet sie nicht
und beginnt nicht mitten im wald
und nicht an meinem angesicht
und nicht in deiner gestalt.
die lampen stammeln und wissen nicht:
lügen wir licht?
ist die nacht die einzige wirklichkeit
seit jahrtausenden...

rainer maria rilke




eine grauschwarze wolkenfront am horizont, noch ist der himmel blau und eine angenehme brise lässt mich von unendlich langen warmen sommerabenden träumen...

mit dem heranziehen der wolken wandelt sich das laue lüftchen, die birkenkronen verneigen sich, die blätter der espen rascheln um die wette und die ähren des kornfelds wogen auf und nieder, hin und her. der wind treibt die wolken vorwärts, näher und näher.

in der ferne ein wetterleuchten. 
das gewitter rückt näher, das erste ferne donnergrollen verhallt.
und plötzlich, wie von geisterhand gesteuert, herrscht absolute stille. kein hauch bewegt die blätter der birken. kein vogelgesang. es ist still, doch nicht friedlich. es liegt eine anspannung in der luft. alles hält die luft an.

es ist, als ob sich alles duckt... wissend, dass die entladung bevorsteht. 

die natur ist unser spiegel.
auch zwischen uns menschen braut sich so manches gewitter zusammen. wenn wir unstimmigkeiten verdrängen, nicht klären, dann steigt die anspannung und irgendwann erfolgt die entladung.
wie bei einem gewitter ist danach die luft wieder klar und rein.
doch wie auch bei einem gewitter kann es sein, dass die sonne auf ein feld der verwüstung scheint. der blitz hat eingeschlagen und alles in seinem umfeld zerstört.

manchmal ist es uns einfach nicht möglich, unstimmigkeiten sofort zu beseitigen. wir haben angst vor den folgen, vor den möglichen konsequenzen.
und so steigt innerlich der groll, wie bei einem fernen gewitter...

doch welche konsequenzen, welche folgen haben wir zu tragen, wenn die anspannung in einem schlimmen streit zerplatzt? wenn die blitze des hasses und der vergeltung hernieder prasseln? wenn die stimmen aufeinander prallen und die verletzenden worte wie das donnergrollen in den ohren widerhallen.

die ruhe vor dem sturm.
ich kann sie wahrnehmen.
ich kann sie nutzen und mir der anspannung bewusst werden.

ich weiß, dass ich es in der hand habe: 
ob sich ein gewitter der bewertungen und urteile entlädt oder ob ich ein aufrichtiges und klärendes gespräch suche.

denn... was zerbrochen ist, das wird nie wieder so wie es zuvor war, auch wenn es in mühevoller kleinarbeit zusammengeklebt wird...

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