am reschensee, juni 2016 copyright©karin luger |
die menschen verwechseln dabeisein mit erleben.
max frisch
das leben ist eine komödie für den denkenden und eine tragödie für die, welche fühlen.
hippokrates
es ist spannend sich selbst und anderen zuzuhören. vor allem, wenn gefühle so stark werden, dass sie sich nicht mehr verdrängen und unterdrücken lassen.
ich spreche von gefühlen wie gekränkt, sauer, verärgert, frustriert, enttäuscht, verletzt, wütend, zornig, verzweifelt, deprimiert, beleidigt,...
sehr oft ist zu beobachten, dass diese gefühle nur nonverbal zum ausdruck kommen. die andere person merkt sehr wohl, dass da etwas nicht in ordnung ist. man sieht es am gesichtsausdruck, an der körperhaltung, man hört es an der stimme...
wie agieren die meisten menschen, wenn sich derartige "unangenehme" gefühle bemerkbar machen?
nachdem die wut, der ärger, die entäuschung ja als reaktion auf eine handlung oder eine aussage meines gegenübers passiert, ist es auch nicht verwunderlich, dass doch wohl auch diese person "'schuld" ist an meinen gefühlen. diese person ist die ursache für mein schlagartiges unwohlsein. und daher ist es folglich unvermeidbar, dass ich diese person "anklage", beschimpfe, beleidige, erniedrige...
aug um aug, zahn um zahn.
wenn du mir weh tust, dann erfordert dies einen ausgleich. also tu ich dir auch weh und dann sind wir wieder quit.
wir alle wissen, dass das nicht wirklich stimmt mit dem "quit-sein". wenn uns schmerz zugefügt worden ist, heilt dieser schmerz nicht, indem wir einer anderen person schmerz zufügen.
ja, wir wissen das. und trotzdem verharren wir in unserem unheilvollen verhalten.
wir sagen, dass wir uns nicht ernst genommen fühlen anstelle dass wir traurig sind, weil es uns wichtig ist, dass man einander ernst nimmt.
wir sagen, dass wir uns ausgenutzt fühlen anstelle dass wir enttäuscht sind, weil wir wert auf gegenseitige unterstützung legen.
wir sagen, dass wir uns im stich gelassen fühlen anstelle dass wir uns ärgern, weil uns verlässlichkeit wichtig ist.
es ist sehr wichtig, dass wir lernen, unsere wirklichen gefühle auszusprechen und nicht das, was wir über die andere person denken (sie nutzt mich aus, nimmt mich nicht ernst, lässt mich im stich...).
und es ist ebenso wichtig, dass wir klären, was die person tatsächlich tut oder sagt. was konkret tut dieser mensch, dass ich zu dem urteil komme, er nutzt mich aus?
und nur das sage ich dieser person (z.b. mir ist aufgefallen, dass du mich nur dann anrufst, wenn du etwas von mir brauchst... das ärgert mich, weil für mich bei einer freundschaft beide teile geben und nehmen. bei uns erlebe ich, dass ich gebe und du nimmst.)
gehen wir in kontakt mit unseren gefühlen!
horchen wir nach innen!
was will uns dieses gefühl sagen?
woran will mich dieses gefühl erinnern?
da waren doch schon einige erfahrungen und erlebnisse, an die mich dieses gefühl erinnern möchte...
da sind noch alte wunden, die nicht ganz verheilt sind...
machen wir uns daran, die alten wunden zu versorgen.
dann sind neue verletzungen nicht mehr nötig!