Sonntag, 16. Mai 2010

die liebe FAMILIE ...

"mir platzt der kragen"
copyright © TOMART, april 2010
"zuerst lieben die kinder ihre eltern. nach einer gewissen zeit fällen sie ihr urteil über sie. und selten, wenn überhaupt je, verzeihen sie ihnen." 
(oscar wilde)








ich habe am freitag abend die sendung "nachtcafé" (swr) gesehen, das thema interessierte mich außerordentlich ... und ich denke, es wird mich mein ganzes leben lang beschäftigen!
es ging um die "liebe familie - nest oder pest?" unterschiedliche menschen mit unterschiedlichen familien-geschichten trafen sich bei wieland backes zum austauschenden gespräch. 


die familienbande ... manche sind sanft umhüllend, geben sicherheit und halt ... manche sind fesseln, schneiden ins fleisch und reissen einem den boden unter den füßen weg.
wie auch immer diese bande geschaffen sind ... sie stellen eine unzertrennliche verbindung her!
und gerade diese verbindung macht es auch so schwierig, negative erlebnisse zu vergessen oder gar zu verzeihen.


ich bin der festen überzeugung, dass eine unserer wichtigsten lebensaufgaben die lösung von verstrickungen innerhalb des familiengefüges darstellt. ich bin überzeugt, dass wir nicht in irgendeine familie hineingeboren wurden, sondern dass es eine höhere bedeutung hat, mit wem wir verbunden werden.


ich habe die (bittere) erfahrung gemacht, dass ich der person, die ich am meisten bekämpfte, am meisten ähnlich war. ich wollte nie so werden wie meine mutter! nun, eines tages musste ich feststellen, dass ich ihr nicht nur ähnlich war, nein, ich verwendete im streit mit meinem freund dieselben worte, dieselben gesten und auch die stimmlage war ident! es fiel mir wie schuppen von den augen ... das, was du am meisten bekämpfst, ist teil von dir. es ist der verdrängte teil in mir, den ich nicht wahrhaben will, weil ich ihn als "schlecht" bewerte.


unsere eltern und geschwister sind in vielerlei hinsicht unsere spiegel ... wenn wir in liebe in diesen spiegel blicken, dann lernen wir uns anzunehmen, so wie wir sind ... uns selbst und unsere familie.
ich kann aus langjähriger erfahrung sagen, dass es zunächst ziemliche überwindung kostet, einfach mal wertfrei zu beobachten - sich selbst, vater, mutter, geschwister. anzuerkennen, was ist. nicht zu bewerten, schuld zuzuweisen oder wegzusehen. freude und schmerz nebeneinander bestehen zu lassen, nichts dafür und nichts dagegen zu tun. das fiel mir zu beginn nicht nur schwer, ich konnte es schlichtweg nicht. ich war in meinen verhaltensmustern so gefangen, dass ich es nicht einmal registrierte.


und auch heute noch passiert es, dass ich mitten unter einem satz bemerke, dass ich wieder eine meiner stereotypen aus der schublade geholt habe. dann stoppe ich, mache mir die situation bewusst und teile dies meinem gegenüber mit. nicht selten lachen wir dann darüber ... weil die meisten konflikte in wirklichkeit gar keine sind ...
wir kreiieren durch unsere bewertungen die grundlage für konflikte ... weil wir das verhalten anderer personen entsprechend unseres "weltbildes" interpretieren und unsere schlüsse daraus ziehen. wir überprüfen nicht, ob unsere annahme der realität entspricht. und innerhalb der familie sind wir am empfindsamsten, denn wir kennen uns am besten ... meinen wir jedenfalls.


wenn ich meine nächsten mitmenschen besser verstehen möchte und somit gleichzeitig auch von ihnen besser verstanden werden möchte, dann muss ich meine augen,ohren und mein herz öffnen, ... und fragen, ob ich alles wirklich richtig verstanden habe ... bevor ich gemäß meiner alten verhaltensweise sofort mein urteil fälle und reagiere.

Freitag, 7. Mai 2010

ZUHÖREN ... eine schwierige disziplin!

mittagspause, bangkok/thailand
copyright © karin luger, februar 2008
"nur wenn wir mit dem herzen zuhören, ohne das gehörte zu kommentieren, lernen wir etwas über das, was im innern unseres partners vor sich geht, lernen wir die wahrheit aus einer anderen perspektive als unserer eigenen kennen und erweitern damit uns selbst."
(safi nidiaye, das tao des herzens)






geht es ihnen auch so ähnlich wie mir? höre ich z.b. im fernsehen einer diskussionsrunde zu, so reagiere ich genervt, wenn die anwesenden sich nie aussprechen lassen, wenn immer wieder unterbrochen wird und einer den anderen ständig daran erinnert, einen doch ausreden zu lassen. ja, wenn ich mich zurück erinnere an die vielen besprechungen und sitzungen, an denen ich teilgenommen habe ... das gleiche bild!

wieso fällt es uns so schwer, dem anderen zuzuhören?


bei kritischer selbstbeobachtung fällt mir dazu schon einiges ein:
  • es ist z.b. ein thema, das mich interessiert ... mir fällt gerade ein sensationelles argument ein und ich habe angst, dass ich es womöglich gleich wieder vergessen könnte oder dass es ein wenig später gar nicht mehr passt. also platze ich heraus, ich muss den sprechenden unterbrechen, denn meine aussage hat bedeutung.
  • der soeben sprechende wiederholt sich ständig, hat keine griffigen argumente, will sich anscheinend nur reden hören, hat eigentlich überhaupt nichts zu sagen ... das muss beendet werden. ich unterbreche, schon ein wenig gereizt, um meines erachtens die diskussion auf ein adäquates niveau zu heben.
  • es scheint, als hörte ich zu ... doch ich bin bei einem argument des anderen "hängen geblieben" und bin nun mit meinen gedanken ganz woanders, bin nur mehr physisch anwesend. dies ist zwar auf den ersten blick nicht gleich erkennbar, doch ein guter beobachter bemerkt sofort, dass ich dem redner  keine aufmerksamkeit schenke. und der redner selbst spürt dies selbstverständlich auch!
  • mich beschäftigt ein problem bereits schon seit geraumer zeit und ich bin gar nicht fähig, mich auf jemanden anderen wirklich einzulassen. ich möchte aber nicht unhöflich erscheinen und setze einen interessierten zuhörer-gesichtsausdruck auf.

resümee der misslungenen zuhörerschaft:

wir hören lieber uns selbst zu! entweder im laut ausgesprochenen oder unseren gedanken!
wir sind eigentlich den ganzen tag über mit uns selbst beschäftigt ... alles dreht sich nur um uns!
haben wir womöglich schon verlernt, uns auf andere menschen und deren gedanken zu konzentrieren? das wäre aber fürchterlich schade! denn was ist die logische folgerung daraus? ja - dass auf uns selbst dann auch niemand hört! 


ich arbeite als mediatorin ... eine meiner hauptaufgaben ist zuzuhören, mit meinen ohren und meinem herzen. nur so erfahre ich wirklich etwas von meinem gegenüber, kann das gehörte mit meinen worten wiedergeben und zeige meinem gesprächspartner, dass ich ernsthaft daran interessiert bin, was er mir zu sagen hat.


in allem, was uns unsere mitmenschen mitteilen, steckt eine botschaft, wenn auch noch so klein! 
also, spitzen wir unsere ohren und öffnen unser herz ... für unser gegenüber, das in gewisser weise wir selbst sind!




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