Freitag, 30. Juli 2010

wie geil ist GEIZ denn wirklich?

rosentee, kunming, china
copyright © karin luger, dezember 2007


"wo liebe ist und weisheit, da ist weder furcht noch ungewissheit; wo geduld und demut, weder zorn noch aufregung; wo armut und freude, nicht habsucht und geiz; wo ruhe und besinnung, nicht zerstreuung noch haltlosigkeit."                               
(franz von assisi)







"kaufe drei, zahl eins", "nur heute alles 25% billiger", "30% mehr inhalt zum gleichen preis" ... wir leben im paradies des immerwährenden konsums, und irgendwer hat immer irgendetwas zum absoluten schnäppchenpreis. ja, wir sind zu schnäppchenjägern verkommen. studieren der prospekte, angebotssuche im internet, ... und wieder ein paar euros gespart! 
nun, sparsamkeit ist eine tugend, keine frage. die werbebranche hat sich diese tugend auserkoren, sie hat sich in diese tugend verbissen, möchte man meinen. und weil wir ja auch nie genug kriegen können, hat die produzierende welt unseren unstillbaren hunger nach mehr erhört. und damit wir nicht ein schlechtes gewissen bekommen, wenn wir jetzt statt einem t-shirt gleich 5 gekauft haben, hat man eine verbindung zwischen sucht und tugend geschaffen. die "geiz ist geil"-philosophie! welch ein segen! und so dermaßen unglaublich, was man mit nur einem kauf sparen kann. echt toll!

ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass wir den kontakt zur "basis" verloren haben. machen wir uns eigentlich gedanken, wie es kommen kann, dass ein t-shirt weniger kostet als ein glas wein? kümmert uns das überhaupt? wie sieht es mit unserem horizonterweiterungsprogramm aus? tellerand und so. ach, über den rand blicken? wozu?

mir würde da schon etwas einfallen. nehmen wir doch eines dieser so ultrabilligen t-shirts. machen wir doch eine gedankliche reise zum werdegang eines baumwoll-t-shirts:

baumwollanbau wird in den usa und der eu subventioniert (ein vielfaches der ausgaben für entwicklungshilfe!), was nicht unbedingt förderlich für die verbleibenden 60% baumwollproduzierender entwicklungs- und schwellenländer ist. die chemische industrie profitiert aber in jedem fall - pestizide, düngemittel im wert von 2 milliarden usd jährlich. dass ebenso jährlich tausende bauern durch vergiftung eben dieser chemikalien sterben und ich weiß nicht wie viele tausende an den unterschiedlichsten krankheiten leiden, verursacht durch eben diese chemikalien, ist im "geiz ist geil"-preis inklusive. und einen gewissen restbestand an eben diesen chemikalien dürfen wir auch an unsere haut lassen - wie schön! damit bei der ernte durch riesige maschinen die lästigen blätter nicht stören, wird ein entlaubungsmittel eingesetzt - natürlich höchst unbedenklich ... und kostenlos!?!
die gepflückte baumwolle wird gepresst, von diversen fremdstoffen gereinigt, gekämmt und zu ballen geformt in die spinnerei gebracht. dort nochmals gereinigt, in der kardierungsmaschine werden die fasern geordnet und zu garn gesponnen. dann gefärbt. dann zu stoffen gewebt. dann zugeschnitten, genäht und verschifft. ach, ja, apropos verschifft! glaube nicht, dass erst das fertige t-shirt verschifft wird. denn bis dieses t-shirt im laden landet, hat es tausende meilen zurückgelegt. denn wenn die baumwolle in indien geerntet wird, heißt das nicht, dass das t-shirt auch in indien produziert wird. die baumwolle gelangt z.b. nach pakistan, wo sie gesponnen wird, dann nach bangladesh, wo sie gewebt wird, dann nach kambodscha, wo zugeschnitten wird, dann nach china, wo genäht wird (diese angaben sind ohne gewähr, es soll lediglich zum ausdruck gebracht werden, dass ein kleidungsstück bis zu seiner endgültigen destination viele verschiedene produktionsstätten weltweit durchlaufen hat)... und dann schlussendlich wird die ware nach hamburg verschifft. wo sie vielleicht einige monate, natürlich bestens mit chemikalien versorgt, auf ihre abnehmer in nah und fern wartet. und dann endlich sind wir in der glücklichen lage, 5 t-shirts zum preis von einem kaufen zu können. ist doch geil, oder?

ein wenig mehr achtsamkeit beim einkauf tut gut. 
wie viele menschen haben an einem einzigen produkt gearbeitet? wie lange hat der rohstoff benötigt, um überhaupt geerntet werden zu können? wie viel freude oder wie viel schmerz sind mit diesem produkt verschmolzen? wie viel kostet der transport? wer verdient an diesem produkt? viele fragen mehr ...

Sonntag, 18. Juli 2010

wann ist es STILL in mir?

lunz/see
copyright © karin luger, mai 2010
"denn der raum des geistes, dort wo er seine flügel öffnen kann, das ist die stille."
(antoine de saint-exupery)









was hast du am wochenende vor? wohin fährst du auf urlaub? was machst du heute abend? 
freizeit will genutzt sein!
und wie sieht unser alltag aus? wirst du vom radiowecker aus dem schlafe geholt? vielleicht schnell ein blick in den fernseher oder kurz die nachrichten gehört - damit du am laufenden bist und weißt, welches wetter dich tagsüber erwartet. dann rein ins auto, radio an und fernsprecheinrichtung adjustiert - damit du jederzeit erreichbar bist und ein paar wichtige telefonate gleich erledigen kannst. dann ins büro, besprechungen, termine mit kunden, protokolle und aktenvermerke geschrieben, emails gecheckt, ... endlich feierabend. treffen mit freunden in gemütlicher runde, dann nach hause, fernseher an, kurz die wichtigste hausarbeit erledigt und schlussendlich hundemüde ins bett.

ist in unserem leben überhaupt noch platz für stille? was ist denn stille? die abwesenheit von lärm, von geräuschen? innere und äußere stille - was, wieso, warum, wozu?
still sein, ist das nicht verbunden mit untätigkeit? ja? gott bewahre, nur das nicht! das leben ist doch viel zu kurz, um sinnlos einfach nur so herumzuhängen, ohne aktivität, ohne ergebnisse zu erzielen, ohne "output" - wie es neuhochdeutsch bezeichnet wird. effektiver output - das ist die devise. und das geht nun mal nicht ohne hirnschmalz. oder? konzepte erstellen, szenarios erarbeiten, strategien austüfteln ... je genauer geplant, umso weniger überraschungen, umso sicherer die zukunft.
ja, sicherheit. unsere oberste priorität. je größer die wahrscheinlichkeit, umso ruhiger ist unser schlaf. bis zu dem zeitpunkt, an dem das 1%ige restrisiko gnadenlos zuschlägt. 


zurück zur stille. dorthin, wo wir verbunden sind mit der quelle der intuition, wo wir vertrauen in unsere fähigkeiten und unser tiefes wissen haben. dort, wo unser hirn mal pause machen kann. dort, wo wir scheinbar untätig sind. scheinbar. denn in wirklichkeit sind wir in diesen momenten am produktivsten. auch wenn wir anscheinend nur "ins narrnkastl" schauen.


trauen wir uns doch wieder einfach mal nur zu sitzen ohne etwas zu tun. zur ruhe zu kommen, die gedanken kommen und gehen zu lassen ohne anzuhaften. ohne uns selbst ständig irgendwelche geschichten zu erzählen.
trauen wir uns still zu sein. auch auf die gefahr hin als unproduktiv zu gelten. vertrauen wir darauf, dass diese stille uns zu unserer quelle führt. dorthin, wo kraft und freude auf uns warten. geben wir unserer seele wieder raum zur entfaltung. wir haben es bitter nötig!





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