Sonntag, 26. Juni 2011

GEHEN ...

meine freundin maria auf dem pilgerweg nach maria zell
copyright © karin luger, mai 2010


ich gehe langsam, aber ich gehe nie zurück.

abraham lincoln










die letzten tage bin ich viel gegangen, bergauf, bergab, über stock und stein.
ich bin in der natur gegangen, in den schladminger tauern. kein auto, kein handy, kein computer, keine häuser, keine geräusche außer das rauschen der wasserfälle und bäche. 


gehen ... wie dankbar bin ich, dass ich gehen kann.
und alles, was ich in diesen tagen benötigte (und noch so manches mehr...), trug ich selbst. 
gehen - einen schritt vor den anderen setzen, sich fortbewegen, vorwärts kommen, perspektiven verändern können, sich überraschen lassen, sich anpassen an unterschiedliche verhältnisse... 
gehen, wahrhaftes gehen lehrt das leben. 
gehen lehrt, meine umgebung wahrzunehmen und die entsprechenden schritte zu setzen. im vertrauen darauf, dass mich jeder schritt näher an mein ziel bringt.
der weg ist das ziel.
ich kenne das ziel, lasse es los... und gehe meinen weg.
schritt um schritt.
ich blicke zurück, mache eine verschnaufpause, schöpfe frische kraft für die nächste etappe.


gehen ist nicht eilen, hasten, hetzen, laufen, rennen.
wenn ich gehe, entschleunige ich.
dann, erst dann kann ich wieder wahrnehmen. meine umwelt und mich. vor allem mich.
ich atme ein und aus, setze meine schritte.
ich synchronisiere atmung und gehen
mein kopf wird leer...






Freitag, 3. Juni 2011

was sagt mir mein ÄRGER?

Otting, Deutschland - Jänner 2011
copyright © karin luger




das ärgerliche am ärger ist, dass man sich schadet, ohne anderen zu nutzen.

kurt tucholsky







ich freue mich, wenn ich mich ärgere.
du fragst dich jetzt vielleicht, was das soll. 

ja, so ist es! doch das war nicht immer so!

seitdem ich mich dem thema kommunikation mit meinem ganzen herzen widme (mit meinem kopf tue ich dies schon seit jahrzehnten!), habe ich begonnen, mir selbst mehr und mehr empathie zu geben. und im laufe dieses selbstempathie-prozesses habe ich mich selbst besser und besser kennen gelernt. 
ich habe hinter meine kulissen gesehen. 
das war nicht immer angenehm und schon gar nicht lustig. 
was sich hinter meinen kulissen vorfand, das waren tiefere, intensivere, stärkere gefühle als der ärger.
da fanden sich bittere enttäuschung, tiefe trauer, frustration und sehr oft angst.
all diese gefühle hatten und haben nur mit mir selbst zu tun. niemals mit einer anderen person. auch nicht mit der person, über die ich mich gerade ärger(t)e. diese erkenntnis nahm geraume zeit in anspruch und beanspruchte ein großes maß an empathie.

die person, über die ich mich ärgere, zeigt mir, dass ICH mich ärgere. dass das verhalten dieser person MEINE Gefühle in wallung bringt. andere menschen mögen durch jenes verhalten völlig unberührt bleiben, vielleicht sogar amüsiert, aber auf jeden fall nicht verärgert. demnach hat es mit mir selbst zu tun!
der andere ist auslöser für etwas in mir, das danach verlangt, angesehen und gewürdigt zu werden. hinter jedem ärger steht eine bewertung, eine beurteilung. das ist der schlüssel. 


ich merke, dass ich mich ärgere und höre mir zu, was ich über die andere person sage:
ignorant, respektlos, schlampig, unpünktlich, überheblich, egoistisch, dumm, faul, undiszipliniert, kompliziert, unachtsam, oberflächlich,...
was auch immer ich mich sagen höre - es ist die botschaft meines herzens, das soeben merkt, dass ein wichtiges bedürfnis nicht erfüllt wird: beachtet werden, respektiert werden, ordnung, pünktlichkeit, sich auf gleicher augenhöhe begegnen, hilfsbereit, klugheit, fleiß, disziplin, einfachheit, achtsamkeit, auseinandersetzung mit allen facetten des lebens,...


wenn ich dies einmal erkannt habe, dann habe ich einen wichtigen schritt gemacht. nun kann ich nochmals neu auf die situation blicken und darauf achten, welches gefühl nun aufsteigt, wenn ich an dieses unerfüllte bedürfnis denke. und oft tauchen auf einmal  erlebnisse aus früheren zeiten auf. und oft sind dies schmerzhafte erlebnisse, die ich verdrängt hatte. 
jetzt habe ich genügend abstand und kann all die gefühle und gedanken beobachten, wie sie kommen und gehen, auf- und niederwallen. und ich habe die freiheit, von diesen alten verwundungen loszulassen. vergangenes in der vergangenheit zurücklassen. 


das ist meine freude.
denn mit jedem ärger, dem ich auf den grund gehe, werde ich freier!




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