hafen von port douglas, australien copyright © karin luger, dezember 2007 |
"the boat is safe in the harbor. but this is not the purpose of a boat."
(paolo coelho)
ich war lange in der finanzwelt tätig. in der welt des investmentbankings - der anleihen, aktien und deren derivaten. in einer welt, in der risikominimierung groß geschrieben ist. hoher ertrag ohne risiko. für die bank. geringer ertrag ohne risiko für den kunden - immerhin mit einer chance auf höheren ertrag. alles genauestens analysiert, exakte(!) wahrscheinlichkeitsberechnungen zugrunde gelegt. mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit auf allen linien. aber auch bankgarantien bieten nicht immer die gewünschte sicherheit. doch wer weiß denn das schon im vorhinein. wir sind doch keine hellseher.
der mensch strebt nach sicherheit, nach vorhersehbarkeit, berechenbarkeit. er will sich gemütlich zurücklehnen. ungewissheit macht unruhig, bereitet sorgen, schürt ängste.
wir wollen ein angenehmes, bequemes leben. am abend ins bett gehen und genau wissen, was der nächste tag bringt. um 6:30 läutet der wecker, frühstück, morgentoilette, fahrt zur arbeitsstätte, termine, routine, am abend gemütlich vor dem fernseher und dann ins bett. alles geplant, koordiniert, alle unsicherheiten eliminiert. weitestgehend. kleine ungeplante zwischenfälle sind verdaubar. die würze der alltäglichen routine sozusagen. solange die suppe nicht versalzen wird, kein problem.
im hafen ist das boot sicher. doch die wahre bestimmung des bootes liegt auf den wassern zwischen den häfen. es ist ein fortbewegungsmittel. kein festgebundener schaukelstuhl.
bei genauerer überlegung stelle ich fest, dass selbst der hafen keine 100%ige sicherheit bieten kann.
ja, okay. keine 100%. aber immerhin eine viel höhere sicherheit als die hohe see. das ist doch wohl unbestreitbar.
mir fällt noch etwas auf. etwas, das mir die augen öffnet.
ja, ich wünsche mir sicherheit. festgezurrt im hafen.
was auch immer nun passiert, ich kann es nicht beeinflussen. nun bin ich opfer dessen, was trotz aller sicherheitsvorkehrungen auf mich zutrifft. dies befindet sich außerhalb meiner verantwortung. ich habe mich in den hafen begeben, der quasi ein wachender über mein geschick ist. und ich vertraue ihm. ich habe meine verantwortung abgegeben. das tut gut. was ab nun passiert, ist nicht mehr durch mich steuerbar. und wenn etwas negatives passiert ... mich trifft keine schuld. ich bin frei von schuld! ich bin frei von schuld!
ja, das ist es!
ich fühle einen tiefen, tiefen schmerz.
ich tue alles erdenklich mögliche, damit ich ohne schuld bleibe. ich opfere all meine wahlmöglichkeiten, um eventuelle fehler zu vermeiden.
das ist doch absurd, oder?
dann ist es womöglich gar nicht sicherheit, die ich im hafen suche ... sondern die entbindung von der verantwortung für mein tun, dessen konsequenz ein fataler fehler sein könnte? die angst, mich schuldig zu machen und somit nicht mehr geliebt zu werden?
ich spüre eine kraft in mir. eine kraft, die mir sagt, dass ich mir selbst vertrauen kann. dass ich den hafen verlassen kann.
dass ich es wagen kann - hinaus aufs offene meer der unbegrenzten möglichkeiten.
dass es gut ist, so wie es ist.
und auf einmal ...
auf einmal ... spüre ich eine sicherheit in mir.
eine sicherheit, die weder richtig noch falsch ist, die weder schuld noch unschuld kennt.
ich setze die segel, sehe mein ziel, setze die koordinaten und verlasse den hafen ...
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