st. johann am wimberg, november 2011 copyright © karin luger |
johann wolfgang von goethe
heute, während eines seminars, das ich gemeinsam mit meiner schwester andrea gehalten habe, hat sich in mir einerseits etwas verdichtet und andererseits gelöst.
es handelt sich um das sein.
um das anzuerkennen, was ist.
es geht darum, dass ich hinschaue, dass ich in mich hineinschaue.
dass ich hinter meinen vorhang blicke.
schaue, was sich hinter meiner angst, meiner wut, meiner hiflosigkeit verbirgt.
ich weiß das schon lange.
mein kopf hat mir dies immer wieder erklärt.
mein herz hat dazu wissend genickt und sich doch so manches mal zusammengezogen, hat einen sicherheitswall aufgebaut und im dunkeln ganz still abgewartet, dass sich angst, trauer, eifersucht, stolz, zorn und einsamkeit entfernen.
die letzten jahre habe ich viel, sehr viel gelernt. ich habe zu mir gefunden, habe mich lieben gelernt, habe meinen gefühlen raum gegeben, habe schmerz zugelassen und habe akzeptiert, was ich früher nicht einmal in meinen gedanken auch nur in spurenelementen hätte annehmen können.
ja, früher...
ja, es gab die zeit, in der ich meine (inneren) augen vorsorglich verschlossen hielt, um ja nicht etwas zu sehen, das womöglich weh hätte tun können. und wenn doch einmal ein schmerzhaftes erlebnis meine oberfläche durchstieß, dann aktivierte ich all meine kräfte, um dieses schlechte, unangenehme, schmerzhafte zu verdrängen. ich habe mich von einem wichtigen teil meines lebens selbst abgeschnitten. dieser teil erhielt von mir die etiketten hässlich, unpassend, schlecht und dann verursachte dieser teil auch noch schmerz - ich war doch kein masochist!
was ist in wirklichkeit passiert?
all diese verdrängten gefühle waren eben nur verdrängt. sie hatten sich nicht in wohlgefallen aufgelöst. sie lauerten irgendwo in einer ecke meines unterbewussten, um dann und wann wieder aufzutauchen. manchmal sogar in verkleideter form als ärger, aggression oder stolz. sie wollten mir immer nur eines mitteilen: hallo, vergiss uns nicht, wir gehören zu dir!
ich habe gelernt, mich zu beobachten. ich habe es mir zur gewohnheit gemacht, genau hinzusehen. und auszusprechen, was im moment in mir lebendig ist. es gelingt mir sehr oft und das freut mich.
wenn es mir das eine oder andere mal nicht gelingt, dann weiß ich, dass da noch eine tiefe angst verborgen schlummert, die es gilt, aufzuwecken, sie anzusehen und anzunehmen.
mit dem ersten erfolgserlebnis erwachte ein vertrauen, das seitdem unaufhörlich wächst.
ich habe erkannt, noch besser, ich habe es am eigenen leib verspürt, dass sich mit dem augenblick der akzeptanz der schmerz aufzulösen beginnt. und gleichzeitig verdichtet sich ein gefühl der freude, der liebe. ich habe keine ahnung, was da wirklich abläuft. aber ich bin so unendlich dankbar dafür, dass mich ganz viele menschen bis zu diesem, meinem ersten Schritt begleitet haben - quasi geburtshilfe geleistet haben!
...und ich empfinde das, was goethe einst aussprach: ich bin glücklich, wenn die tage zwischen freud und leid fließen...
es ist ein immerwährender zyklus zwischen verdichtung und auflösung und wir alle dürfen in diese schwingung einsteigen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen