Freitag, 27. Januar 2012

GEBEN ist seliger denn nehmen...

khamphien und sai, vang vieng, laos
copyright © karin luger, jänner 2012




ihr sagt oft: " ich würde geben - 
aber nur dem, der es verdient."
die bäume in eurem obstgarten reden nicht so,
und auch nicht die herden auf euren weiden.
sie geben, damit sie leben dürfen,
denn zurückhalten heißt zugrundegehen.

kahlil gibran, "der prophet"








viele jahre lang habe ich vermögende menschen in ihren finanziellen belangen betreut. ich habe mich bemüht, deren depotwert zu vermehren. in guten wie in schlechten tagen. zumeist waren die guten tage nicht gut genug. von den schlechten tagen will ich gar nicht sprechen. 
2007 habe ich der finanzwelt meinen rücken zugekehrt. 
aktienkurse, bruttoinlandsprodukt, renditen und devisenmärkte sind für mich nicht mehr relevant. 

ich will leben. menschen wirklich begegnen. ich will geben. und (an)nehmen.
ich will ich sein. und ich will mit dir verbunden sein. 
ich will zeit für mich und zeit für dich haben.

all das, was mein herz will, höre ich an und versuche es, so gut es mir möglich ist, in die tat umzusetzen. ich frage mich nicht, was die anderen dazu sagen. aber ich freue mich, wenn sie es mir sagen. 

ich lerne, in der gegenwart zu leben. mit all den höhen und tiefen, zweifeln und ängsten, die ich aus der vergangenheit in die zukunft blicken lasse. doch diese konstrukte werden blasser und verlieren immer mehr an einfluss.

gleichzeitig wird das, was ich von den ärmsten menschen dieser welt gelernt habe, immer lebendiger: ich frage mich nicht mehr, ob ich morgen noch "genug" habe. 
ich habe begonnen, mich in den kreislauf des gebens und nehmens einzufügen. 
was ist an diesem kreislauf so bedeutsam? 
es ist der kreislauf 1. des gebens und erst 2. des nehmens! 
return on equity, rendite, shareholder value haben für mich eine tiefere bedeutung bekommen. 
denn das, was ich in menschen investiere, sei es zeit, liebe und/oder geld, wird mir in einer dimension vergütet, die der finanzwelt verborgen geblieben ist (welch glück und segen!).

nach der rückkehr von meiner weltreise vor vier jahren habe ich beschlossen, zwei junge burschen, die ich in laos kennen gelernt habe, ein wenig zu unterstützen. mit geld, mit meiner liebe und wertschätzung.
soeben bin ich zurückgekehrt von einer 5-wöchigen reise nach thailand, laos und china.
im zentrum dieser reise stand khamphien. mit ihm fühlte ich mich von anfang an tief verbunden. und diese verbindung hat sich weiter vertieft.  
   
er hat mich (unbewusst) gelehrt, dass geben seliger ist denn nehmen.
die tage mit ihm haben mein leben unsagbar bereichert.
diese tage werden mich mein leben lang begleiten.
welch ein "return on equity"!

ich kann diese art des investierens nur empfehlen, denn es ist das geben, das glücklich macht!








Mittwoch, 11. Januar 2012

wem fühlst du dich zugehörig?

vang vieng, laos, jänner 2012
copyright © karin luger




wenn man weiß, wo man hingehört, hat man ein problem weniger in der welt.

désirée nosbusch







ich bin soeben zurück gekehrt von einem treffen mit lock, meinem zweiten schützling. er absolviert sein master-studium an der internationalen universität in peking. es sind gerade uni-ferien und er ist heute in vientiane gelandet - ich habe glück, dass ich ihn noch treffen konnte, bevor ich laos verlasse!

wir hatten ein kurzes, sehr intensives gespräch. 
eigenartig. auch damals, vor vier jahren, hatte ich nur ein einziges gespräch mit lock.

damals hat er angeboten, mir den tempel zu zeigen und lud mich zu einer "weißen nacht der meditation" ein. ich habe versprochen, ihm nach meiner rückkehr meine english toefl preparation books zu schicken. was ich auch tat. und so entwickelte sich auch mit ihm eine beziehung. er war es, der mich fragte, ob er zu mir mutter sagen dürfe. denn seine mutter starb, als lock fünf jahre alt war. sein vater lernte bald danach eine frau kennen und zog zu dieser. er ließ fünf kinder ihrem schicksal über. voriges jahr starb auch der vater an den folgen eines drei jahre zuvor erlittenen schlaganfalls. 
lock beschloss mit sieben jahren, als mönch zu leben - weil er in die schule wollte. weil er schon damals wusste, dass er anders als seine eltern leben wollte.

er ist unglaublich talentiert, extrem intelligent und... unendlich einsam.

kaum in vientiane angekommen, möchte er schon wieder zurück nach peking. 
er hat sich dort eingelebt in den letzten eineinhalb jahren. er hat anschluss gefunden zu einer chinesischen familie, bei der er die meiste zeit verbringt. sie haben ihn wie einen sohn aufgenommen. 
und doch sind sie fremde. 
mit einer fremden sprache, aus einer fremden kultur, mit fremden wurzeln.

in vientiane hat lock in einem tempel gelebt, in dem er mittlerweile kaum jemanden mehr kennt. alle seine freunde haben auch den tempel verlassen und sind ihm mittlerweile ebenfalls fremd geworden. sie haben arbeit gefunden und viele haben eine freundin. die einzige verbindung ist die vergangenheit. nun leben sie in unterschiedlichen welten. und jeder meint, die jeweils andere welt sei um etliches besser als die eigene.

und wenn er nach savannaketh, in sein heimatdorf fährt, dann besucht er seine geschwister, mit denen er nie eine richtige beziehung entwickeln konnte, da er ja schon bald von zuhause wegging. 

wo ist sein zuhause? 
wo findet sein herz einen ruhigen platz? 
wo ist der ort, wo seine seele ihren frieden hat?

es wird zeit brauchen. und selbstempathie, ganz viel. und selbstvertrauen. 
gleichzeitig braucht er menschen, die ihn lieben. das können ganz wenige sein. menschen, die für ihn schutz und zuflucht bedeuten. menschen, denen er sich zugehörig fühlt. die seine sehnsucht nach geborgenheit stillen können.

diese heutige begegnung mit lock war gleichzeitig eine begegnung mit mir. 
mit meiner sehnsucht nach geborgenheit und liebe. 
mit meiner einsamkeit. 
mit meiner verwundbarkeit und zerbrechlichkeit.

doch es war auch eine begegnung mit meiner liebe für lock und für khamphien.
mit der stille und zufriedenheit in mir.
mit meiner freude am leben.
und mit dem gefühl der sicherheit, mit allen und allem verbunden zu sein.

und so löst sich für mich das wort zugehörigkeit mehr und mehr auf, es zieht sich wie ein feinstes netz um den ganzen globus und weiter hinaus. 
ich bin ein teil des ganzen und das ganze eines teils.





Freitag, 6. Januar 2012

wie WIRKLICH ist die wirklichkeit?

provinz sainyabuli, laos, jänner 2012
copyright©karin luger




der glaube, es gäbe nur eine wirklichkeit, ist die gefährlichste selbsttäuschung.

paul watzlawick







wie treffend ist diese aussage paul watzlawicks. ich erlebe die essenz soeben während meiner reise in laos. und ich bin unendlich dankbar für diese große erfahrung, die mich zutiefst berührt und bewegt. machmal erscheint es mir, als wandle ich zwischen den welten, nicht mehr ganz zuhause in meiner gewohnten welt und noch nicht angekommen hier in dieser fernen welt. 
vor vier jahren habe ich laos zum ersten mal besucht und lernte in einem tempel khamphien kennen, der dort als mönch lebte. wir haben kontakt gehalten und ich bin nun ein bisschen eine ersatzmutter, die ihn in erster linie in seinen finanziellen belangen unterstützt. 
obwohl wir uns "in wirklichkeit" so wenig kennen, ist unsere beziehung von einer tiefen zuneigung und liebe geprägt, die mich in großes erstaunen versetzt. 

was ich nun erfahre, ist ein teil meiner eigenen wirklichkeit - wie ich meine gefühle erfahre. es ist, als ob ich eine türe zu meiner innenwelt weit geöffnet hätte, in die ich viele jahre zuvor nur durch das schlüsselloch geblickt hatte. 
zum ersten schritt zur öffnung meiner tür hat meine verstorbene schwester einen großen beitrag geleistet. sie hat mich während der letzten monate ihres irdischen lebens beinahe täglich "geprüft" - wie unendlich dankbar ich für diese erfahrung bin, ist nicht in worten auszudrücken. und ich hoffe sehr, dass mein dank in die wirklichkeit der welt meiner schwester hinüber weht.
wofür ich mir selbst zutiefst danke, ist die tatsache, dass ich mich mir selbst geöffnet habe, dass ich den mut zu tiefen gefühlen aufgebracht habe. dass ich genau hinschaue und dass ich auch dahinter blicke in die weite meines selbst, das sich mir offenbaren möchte.
ich bin erst am anfang des weges, doch ich beschreite ihn mit zuversicht und liebe.

bereichert mit diesen "neuen augen" bin ich nach laos gekommen, um hier zwei wochen in die wirklichkeit meines schützlings einzutauchen. 
wir verbrachten zwei tage bei der familie khamphiens in einem kleinen dorf in der provinz sainyabuli. 
khamphien hatte mir zuvor schon gesagt, dass ich die erste ausländerin in seinem heimatdorf sein werde. ich habe das gar nicht glauben können, doch es war so.
während dieser beider tage haben sich viele wirklichkeiten getroffen und ich kann nur für mich sprechen: in diesen wenigen stunden haben sich in mir innere und äußere wirklichkeiten verwoben. es ist etwas passiert, das ich nicht beschreiben kann. etwas, das sich außerhalb meines rationalen denkens vollzogen hat.

meine reise nach asien unterscheidet sich ohnehin grundlegend von allen anderen reisen, die ich zuvor unternommen habe. denn wo immer ich auch hinkomme, werde ich von freunden empfangen und "betreut".

mein aufenthalt hier in laos ist nun DER höhepunkt meiner reise - wie habe mich die letzten jahre darauf gefreut! ich bin hierher gekommen ohne erwartung und versuche, so gut es geht, im augenblick zu leben, jeden kostbaren augenblick in mich aufzunehmen, damit die essenz in mir weiterleben kann.

ich werde anders sein, wenn ich zurückkehre nach hause, und doch auch gleich. 
denn was bedeutet wirklich die wirklichkeit? 
sie wirkt in jedem augenblick aufs neue!


Donnerstag, 5. Januar 2012

liebe deinen nächsten wie dich SELBST...

schultag beendet! laos, provinz sanyabuli
copyright © karin luger, jänner 2012






wer sich selbst hasst, den haben wir zu fürchten, denn wir werden die opfer seines grolls und seiner rache sein. 
sehen wir also zu, wie wir ihn zur liebe zu ihm selbst verführen!

friedrich nietzsche







ich habe in vientiane einen film gesehen über den geheimen krieg, den die cia gegen die menschen von laos geführt hat, 10 jahre lang. es war dies die größte militärische operation der kriegsgeschichte und (fast) niemand hat davon erfahren.
obwohl ich seit meinem letzten aufenthalt in laos bereits darüber bescheid wusste, bin ich noch immer sehr betroffen. 
und ich bin froh, dass nun die zeit gekommen ist, dass alles an die oberfläche auftauchen darf. das gute wie das böse. denn das macht uns menschen aus. keiner von uns ist nur gut. und keiner unter uns ist nur böse.
wir selbst entscheiden uns, welchen weg wir einschlagen. jeden augenblick können wir uns entscheiden für gut oder für böse. für vergebung oder für vergeltung. für liebe oder für hass.

und alles, wirklich alles, nimmt seinen anfang in uns selbst
wie wir unsere erfahrungen bewerten. 
nicht, was wir erfahren. 
das macht einen riesenunterschied!

kaum einem menschen ist in seinem leben nur gutes widerfahren. alles schmerzvolle, was wir in unserer frühen kindheit erleben, versuchen wir zu verdrängen, zu vergessen. oft fühlten wir uns schuldig, verantwortlich für die gefühle (vor allem) unserer eltern. und so begannen wir bereits in jüngsten jahren, uns selbst zu hassen. und niemand hat etwas dagegen unternommen, weil niemand wusste, wie dies zu geschehen hätte, weil alle selbst diesen weg gegangen sind.

es liegt an uns, die wir jetzt erwachsen sind, dem kindesalter entwachsen sind, unser leben selbst in die hand zu nehmen. indem wir beginnen, uns selbst zu lieben. und zwar ohne bedingungen.
ich erinnere mich an meine erste gesprächstherapiestunde vor vielen, vielen jahren...
als meine therapeutin zu mir sagte, ich solle mich vor den spiegel stellen und mir sagen, dass ich mich liebe. ich geriet in panik und sagte ihr, dass ich so einen blödsinn nicht mitmachen würde. das macht mich heute noch betroffen. doch ich habe gelernt. ich habe mich selbst kennen und lieben gelernt...und ich lerne jeden tag dazu!
ich habe gelernt, mir selbst empathie zu geben, mir zeit und raum zu lassen für den schmerz. 
ich verurteile mich nicht mehr. 
und ich verurteile auch niemand anderen. 
ich weiß, dass alles übel in einem selbst begründet ist.
und ich weiß auch, dass es so ungemein schwierig ist, von einen mehrmals (erfolgreich) begangenen weg abzuweichen. sich seiner selbst bewusst zu werden und es zu wagen, neue pfade zu betreten. 
pfade der liebe und der empathie! 
diese pfade sind zunächst immer jene zum eigenen selbst, um dann von einem geheilten herzen hinauszuströmen zu den mitmenschen. 

und unsere MITmenschen sind die spiegel unserer seele!

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