Dienstag, 14. August 2018

ALT werden...

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o ihr gedrückten menschen, 
wie überlebt ihr müden es,
o wie könnt ihr denn alt werden, 
wenn der kreis der jugendgestalten zerbricht 
und endlich ganz unterliegt,
wenn die gräber eurer freunde wie stufen zu euern eigenen hinuntergehen, 
und wenn das alter die stumme, leere abendstunde eines erkalteten schlachtfeldes ist; 
o ihr armen menschen, 
wie kann es euer herz ertragen!
jean paul


lange bin ich einer illusion nachgehängt... alt werden im kreis der familie, das leben genießen, endlich keine verpflichtungen mehr...

am beispiel meines vaters und der mutter meines lebenspartners erlebe ich nun hautnah, was es wirklich heißt, alt zu werden. 
wenn ich alt werden will, dann habe ich alles zu akzeptieren, was das alter mit sich bringt. und dies ist allem voran ein körper, der mit dem geist nicht mehr schritt halten kann. so manche verschleißerscheinung macht sich schmerzhaft spürbar und wenn auch die moderne medizin vieles ausmerzen kann, so hat sie doch keine wundermittel parat.
früher oder später kommt die erkenntnis, dass diese situation zu akzeptieren ist. und das fällt besonders jenen menschen schwer, die in ihrem leben kaum körperliche beschwerden zu erleiden hatten. auch wenn es galt, krankheiten zu überwinden, vielleicht auch operationen zu überstehen, so war in diesen zeiten immer die hoffnung da, dass nach einer erfolgten heilung der lebensalltag wieder fortgeführt werden konnte. und in den meisten fällen erfüllte sich diese hoffnung!

in unserer welt, in der sich viele menschen nur mit materiellen dingen und oberflächlichkeiten beschäftigen, wird das alt werden zu einer angsterfüllten belastung. in der zunehmenden gewissheit, dass keine aussicht auf eine besserung des körperlichen zustandes besteht, werden viele menschen depressiv oder dement. es ist wie eine flucht in die eigene welt, ein rückzug aus der unerträglichen gegenwart und der befürchtung eines langen siechtums bis zum tod. und vor dem tod kommt noch das sterben, das loslassen von allem irdischen... viele menschen erfüllt bei diesem gedanken ein unvorstellbares grauen...

mich machen diese beobachtungen einerseits sehr traurig, weil ich sehe und spüre, wie jede leichtigkeit aus dem leben schwindet und durch ein unermessliches bedauern der eigenen situation ersetzt wird. andererseits möchte ich für mein eigenes altern lernen. lernen, worauf es ankommt im leben. dass das irdische leben endlich ist und dass mit einem glauben an gott in dieser letzten lebensphase etwas an leichtigkeit zurückgewonnen werden kann. 

ich bin meinem vater sehr ähnlich... wenn ich seine ungeduld, sein hadern mit seiner gebrechlichkeit erlebe und wie er seine zunehmende abhängigkeit kaum akzeptieren kann, dann weiß ich, dass auf mich noch einige lernaufgaben warten und dass es gilt, kontinuierlich an sich selbst zu arbeiten, damit für mich das alt werden hoffentlich eine zeit des abschließens, annehmens und loslassens sein kann.

an der mutter meines partners erlebe ich es noch stärker als bei meinem vater. sie wird übermorgen 94 jahre alt und ist ausschließlich mit dem irdischen leben beschäftigt. und dieses irdische leben in einem sehr gebrechlichen körper fordert seinen tribut. unerbärmlich, unaufhörlich. wenn du dich (vor) deinem schicksal nicht (ver)beugst, dann wirst du gebogen, verbogen, manchmal auch gebrochen.

ich arbeite ehrenamtlich beim mobilen hospiz der caritas und angesichts der situation meines vaters und der mutter meines partners bin ich sehr dankbar, dass ich mich mit dem sterben und dem tod auseinandersetzen und konfrontieren darf. dass ich leiden und hoffnungslosigkeit miterleben darf. dass ich ein wenig leichtigkeit und hoffnung diesen menschen vermitteln kann. 
ich hoffe, dass ich eines tages all mein wissen, glauben und meine fähigkeiten auch für mich anwenden kann...








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